08 | 2023 – Monitoring in elektronenstrahlbasierten biotechnologischen Prozessen durch selektive radiochrome Flüssigdosimeter

Dresden /

Das Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP beschäftigt sich im Bereich Medizinische und Biotechnologische Applikationen intensiv mit niederenergetischen Elektronenstrahlprozessen in wässrigen Biosystemen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass niederenergetisch beschleunigte Elektronen Mikroorganismen im wässrigen Milieu dosisabhängig sowohl inaktivieren als auch stimulieren können. Die Dosis ist dabei eine wichtige Prozessgröße und ein Maß für die durch beschleunigte Elektronen in der Flüssigkeit bewirkten Effekte, die durch Dosimeter gemessen wird. Das Fraunhofer FEP entwickelt radiochrome Flüssigdosimeter für unterschiedliche Dosisbereiche, um bei Elektronenstrahlprozessen für biotechnologische Anwendungsfelder die absorbierte Dosis in einer Flüssigkeit bestimmen zu können. Diese werden vom 23. – 25. Mai 2023 auf der Medtec LIVE with T4M in Nürnberg am Stand des Fraunhofer FEP, Nr. 1-558, vorgestellt.

© Fraunhofer FEP
Prozessmonitoring durch selektive radiochrome Flüssigdosimeter

Die Anwendungsfelder für die niederenergetische nichtthermische Elektronenstrahltechnologie sind breit gefächert. Eine Erfolgsgeschichte ist die Inaktivierung von Bakterien und Viren für die chemikalienfreie Produktion von Totimpfstoffen. Darüber hinaus erstrecken sich die Einsatzmöglichkeiten auch auf ökologisch relevante Fragestellungen, wie die biotechnologische Gewinnung von Ressourcen oder die Bereitstellung von Energieträgern. Dabei machen sich die Wissenschaftler am Fraunhofer FEP die chemischen und biologischen Wirkungen niederenergetisch beschleunigter Elektronen in Flüssigkeiten zu Nutze. Die Flüssigdosimetrie zur selektiven Prozessüberwachung spielt hierbei eine große Rolle.

Aktuell verwendete Routinefilmdosimeter sind nur bedingt für die Dosismessung bei niederenergetischen Elektronenstrahlprozessen in wässrigen Systemen geeignet. Eine Herausforderung bei der Verwendung der niederenergetischen Elektronenstrahltechnik ist die geringe Eindringtiefe der niederenergetisch beschleunigten Elektronen in die Materie, woraus ein Dosisgradient resultiert, der bei der Wahl des Dosimeters berücksichtigt werden muss.

Die Wissenschaftler am Fraunhofer FEP erkannten den hohen Mehrwert der niederenergetischen Elektronenstrahltechnik für die Bereiche Life Science, Biotechnologie und Umwelt, woraus sich der Bedarf an innovativen Lösungsansätzen für die Flüssigdosimetrie – insbesondere im Niedrigdosisbereich – ableitet. Der Fokus liegt dabei auf chemischen Flüssigdosimetern, die aufgrund der Verwendung von radiochromen Substanzen einen dosisabhängigen Farbumschlag bzw. eine Entfärbung zeigen. Die Auswertung der Farbindikatoren kann einfach und schnell mittels optischer Messverfahren durchgeführt werden. Die skalierbaren, radiochromen Flüssigdosimeter geben dabei die mittlere Dosis des Gesamtvolumens der Flüssigkeit wieder. Außerdem werden am Fraunhofer FEP im Bereich Medizinische und Biotechnologische Applikationen Dosimetersysteme entwickelt, die auf mikroskopisch kleinen Kügelchen, sogenannten Beads, basieren. Diese dienen der Echtzeitdosimetrie in niederenergetischen Elektronenstrahlprozessen von Flüssigkeiten. Hiermit ist es sogar möglich, die Dosisverteilung in situ in wässrigen Systemen zu erfassen.

Joana Besecke forscht im Rahmen ihrer Doktorarbeit im Bereich Medizinische und Biotechnologische Applikationen intensiv an der Entwicklung neuer Dosimetersysteme zum Einsatz in biotechnologischen Produktionsprozessen, wobei die Elektronenstrahltechnik zur Prozessoptimierung integrativ genutzt wird:

„Es ist uns gelungen, eine Reihe von radiochromen Flüssigdosimetern reproduzierbar zu etablieren, die einen variablen Dosisbereich von 0,1 bis 40 Kilogray abdecken. Es ist entscheidend, dass Flüssigdosimeter sowohl für niedrige Dosiswerte, als auch für hohe Dosen geeignet sind. Nur so können wir die Dosimeter in Forschungsvorhaben für verschiedene biotechnologische Anwendungen effektiv einsetzen.“

Dr. Simone Schopf, Leiterin der Gruppe Biotechnologische Prozesse im Bereich Medizinische und Biotechnologische Applikationen am Fraunhofer FEP, ergänzt dazu: „Unser langfristiges Ziel ist es, nachhaltige Flüssigdosimeter für die niederenergetische Elektronenstrahltechnologie herzustellen, die kompatibel für die angestrebten Anwendungsfelder in Life Science, Biotechnologie und Umwelt sind. Denn nur so können diese letztendlich auch als Inline-fähiges Flüssigdosimeter anwendungsorientiert genutzt werden.“

Mit diesen bedarfsgerechten Dosimetersystemen sind die Wissenschaftler am Fraunhofer FEP in der Lage, die absorbierte Energiedosis in wässrigen Systemen selektiv zu überwachen und an verschiedene biotechnologische Anwendungsszenarien anzupassen. Zusammen mit Partnern aus der Industrie und Forschung sollen passgenaue Dosimeter für niederenergetisch beschleunigte Elektronen entwickelt werden.

Fraunhofer FEP auf der Medtec LIVE with T4M 2023

23. – 25. Mai 2023
Nürnberg
Stand Nr. 1-558
www.medteclive.com

Aktuelle Publikationen aus dem Bereich Medizinisch-biotechnologische Applikationen


Antifouling-Beschichtungen per Elektronenstrahl
2023; JOT Journal für Oberflächentechnik; König, Ulla; Gürtler, Nic

Hemocompatibility tuning of an innovative glutaraldehyde-free preparation strategy using riboflavin/UV crosslinking and electron irradiation of bovine pericardium for cardiac substitutes
2023; biomaterials advances; König, Ulla et.al.

Investigations into the Suitability of Bacterial Suspensions as Biological Indicators for Low-Energy Electron Irradiation
2022; Frontiers in Immunology; Schopf, Simone et. al.