
Die wachsende Nachfrage nach klimaneutralen Baustoffen erfordert neue Herstellungsverfahren. Im Projekt DeCaBio wird an innovativen Elektronenstrahl-unterstützten Prozessen zur gesteigerten biogenen Kalksteinsynthese geforscht, um die Dekarbonisierung der Zementindustrie zu unterstützen.
Aufgrund wachsender Anforderungen hinsichtlich nachhaltiger und ressourcenschonender Prozesse zur Erreichung der Klimaziele wächst auch in der Bauindustrie der Bedarf nach biobasierten Substitutionsprozessen. Zement, das weltweit meistproduzierte Material, ist als Bindemittel unverzichtbar, wobei die gegenwärtige Herstellung hohe Treibhausgasemissionen verursacht. Die Dekarbonisierung der Zementindustrie ist deshalb eine vielversprechende Strategie, wodurch zukünftig CO2-arme biobasierte Baustoffe entwickelt werden können.
Mikroorganismen sind überall und beeinflussen die Umwelt der Erde seit über 3,5 Milliarden Jahren. Neben Zersetzungs- und Abbauprozessen sind spezifische Mikroorganismen auch in der Lage, durch Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden und anschließend in stabile Kalksteinablagerungen umzuwandeln. Die mikrobielle Synthese von biogenem Kalkstein hat viele Vorteile und das Potential, durch Integration in Industrieprozesse die Umweltbelastung gegenüber herkömmlichen Herstellungsverfahren erheblich zu reduzieren.
An dieser Stelle setzt das interne bilaterale Fraunhofer-Projekt DeCaBio an, welches in Kooperation der Gruppe Biokompatible Materialien des Fraunhofer FEP mit der Abteilung Mineralische Werkstoffe und Baustoffrecycling des Fraunhofer IBP bearbeitet wird. Um zukünftig den CO2-Fußabdruck von Zementformulierungen weiter reduzieren und fossilen Kalkstein als primäre Ressource Schritt für Schritt ersetzen zu können, fokussiert sich das Projekt DeCaBio auf die gesteigerte biogene Erzeugung von klimapositivem Kalkstein mithilfe von phototrophen Mikroorganismen, den Cyanobakterien. Im Rahmen des Projektes wird die dosisabhängige biopositive Wirkung von niederenergetischen, nicht-thermischen Elektronenstrahlprozessen auf die Stoffwechselvorgänge von phototrophen Mikroorganismen erschlossen, um die Kalksteinsynthese in seiner Effektivität und Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Der mikrobielle Herstellungsprozess umfasst mehrere Reaktionsschritte und geschieht in der Regel, wenn Cyanobakterien in einer angepassten Umgebung mit überschüssigem Calcium-Ionen (Ca²+) und CO2 (Kohlendioxid) wachsen. Der gewonnene biogene Kalkstein kann dann als Füller für Beton bzw. als Zementzumahlstoff für Kompositzemente genutzt werden. Für eine hohe Nachhaltigkeit im Sinne der verfahrenstechnischen Zirkularität sollen durch Upcycling Bauschuttfraktionen und Lebensmittelabfälle als Calciumquellen wieder- bzw. weiterverwendet werden, um zusätzlich ressourcenschonende Kreislaufprozesse etablieren zu können.